Einen Tag vor Chinese New Year mit dem Bus von Singapur nach Malaysia zu reisen, grenzt an Leichtsinn, tun dies doch alle in Singapur arbeitenden Malayen mit chinesischen Wurzeln. Sie reisen nach Hause zu ihren Familien. Ebenso leichtsinnig ist es, zu glauben, man kenne alle Besonderheiten asiatischer Transportmittel.

So warf ich einen 10 RM-Schein in den dafür vorgesehenen Schlitzkasten beim Fahrer, um die 5,40 RM Beförderungsentgeld zu entrichten. Der Fahrer antwortet kurz: „No change. OK? – Kein Wechselgeld! In Ordung?“. Nach kurzer Diskussion dämmerte mir, dass ich in einem Bus stand, den man nur passend bezahlen kann. Also überließ ich dem Fahrer frustriert das Wechselgeld und taumelte mit meinem Rucksack in Richtung eines 4er-Platzes, der bereits von einem Malayen besetzt war. Dank der Gravitation meiner 20 Kilo Rückengepäck und dem eingeschränkten Bewegungsfreiraum, fiel ich beim Absetzen des Rucksacks samt selbigen fast auf dem zierlichen Jungen. Wer hätte gedacht, dass dies der Beginn eines unglaublichen Abenteuers sein würde. Während der knapp 30minütigen Fahrt zum Busbahnhof nach Johor Bahru redet ich mit Ronald, so der Name des Mannes, über unsere Herkunft, unseren Job (meinen Ex-Job), das Leben in Singapur und Chinese New Year. Am Busbahnhof angekommen versuchte er alles, uns Vier ein Weiterreise-Ticket an die Ostküste nach Mersing zu organisieren. Wir hatten die Rechnung jedoch ohne Chinese New Year gemacht und so ging der nächste Bus zur Ostküste erst am Abend des Folgetags. Auch wenn man viel Zeit zum Reisen hat, möchte man sich nur ungern aufgrund einer verzögerten Weiterfahrt in der Nähe eines Busterminals im Nirgendwo aufhalten.

Ronald hingegen hatte den Masterplan zur Hand. Keine Stunde nach unserer Begegnung, lud er uns ein, bei ihm zu Hause zu übernachten – der Zustimmung seiner Mutter vorausgesetzt. Diese erteilte telefonisch ihr OK und so saßen wir ein paar Minuten später in einem Bus an die Ostküste, nach Pontian. Auf dem Weg nach Hause zu Ronald. Am Vorabend des Chinese New Year.

Wir wurden bei unserer Ankunft bereits von Ronalds Mutter, seinem Neffen sowie seinen beiden Schwestern erwartet. Neben Erfrischungsgetränken wurde uns umgehend der Süßigkeitenvorrat für das bevorstehende Fest angeboten. Nach einer erfrischenden Dusche fuhr uns Ronald in das Stadtzentrum. Dort waren wir die Attraktion, sieht man vier Weißhäutige sich wohl nicht allzu oft hierher verirren. In der Tat spielt Pontian keine touristische Rolle und so war uns allerorten ein erhöhtes Aufmerksamkeitspotential sicher. Auf dem lokalen Nachtmarkt und beim anschließenden Essen auf dem Food-Court bescherte uns Ronald eine super-leckere Reise durch die lokale Küche. Nach dem üppigen Essen ging es wieder nach Hause, wo wir gemeinsam am großen runden, für Chinesen typischen, Tisch im Speisezimmer über allerlei bunte Themen redeten. Wie es der Zufall wollte, halfen wir Ronald und einer Freundin in internationaler Verständigung, indem wir eine in Deutsch verfasste SMS übersetzten. Kleine Ursache, große Wirkung, denn am nächsten Morgen empfing und neben Ronald auch noch die Freundin, um sich für die Übersetzungsarbeit zu bedanken. Gemeinsam machten wir sechs uns auf, dieses außergewöhnlich herzliche Zusammentreffen mit einem typisch chinesischen Frühstück abzuschließen. Bei verschiedenen Nudelgerichten und Gespräche über typisch deutsche Essgewohnheiten, überbrückten wir die Zeit bis zur Abfahrt unseres Busses.