Das digitale Universum Hamburgs ist wohlmöglich bald um einen Fixstern ärmer. Das betahaus Hamburg hat kurz vor seinem dritten Jahrestag Insolvenz angemeldet.

Was ist das betahaus? Dank moderner Technologien und Unternehmensentwürfen ist es heute für Unternehmen und Unternehmer möglich, dezentral und vernetzt zu arbeiten. Von unterwegs, von Zuhause oder in sog. Coworking-Spaces. Das sind Orte, an denen digitale Nomanden, Netzwerker und kleine Unternehmen ihr Büro und Zugriff auf ein Kompetenznetzwerk haben. Abendveranstaltungen und ein Café runden meist das Angebot ab.

Coworking-Spaces sind Ausdruck eines funktionierenden, innovativen Netzwerkes. Bedeutet das drohende Aus für das betahaus, dass es in Hamburg kein solches Netzwerk gibt? Mitnichten. Jedoch steckt die digitale Arbeitswelt gerade erst in ihren Kinderschuhen. Und wie das bei neuen Schuhen und wachsenden Füßen der Fall ist: es drückt und schrubbelt. Manchmal gibt´s Blasen, die weh tuen. Also braucht es neue Schuhe.

Meine Kunden und ich haben dem betahaus viel zu verdanken. Als NetzKombyse trägt mein Unternehmen das „Netz“ aus Netzwerken und Internet(z) im Namen. Eine klare Botschaft zur Art, wie das Unternehmen funktioniert. Erst mit der Kompetenz meines Netzwerkes entfaltet die NetzKombyse den Wettbewerbsvorsprung, der uns ausmacht. Als ich das Unternehmen gründete, hieß es für mich, Kontakte zu knüpfen und Entwicklungen in der Hansestadt deutlicher zu beobachten. Im betahaus fand ich genau das Umfeld, welches mein Unternehmen auf dem Weg brachte. Zwar habe ich in den zurück liegenden Jahren lediglich zwei Tage echtes Coworking betrieben, aber bei Abendveranstaltungen lernte ich wertvolle Geschäftspartner kennen und erhielt kreative Gedankenanstöße. Wer nicht täglich von seinen Kollegen umgeben ist, braucht Gelegenheiten. Das betahaus bietet diese.

(Warum) braucht Hamburg das betahaus? Ob Hamburg das betahaus braucht, kann ich nicht sagen. Dazu müsste der Senat befragt werden. Hamburg schmückt sich derzeit aber eher mit Hafengeburtstag, DOM und Elphilarmonie. Als Medienstadt hat Hamburg schon vor Jahren den Anschluß verpasst, als Digitalzentrum ist spätestens mit Absage der Internetinsel klar, wo die Prioritäten nicht liegen. Olaf Scholz bat im Rahmen der Social Media Week Hamburg die kreative Szene, sich am Stadtrand anzusiedeln. Schließlich stehe man dort nicht den Mietpreismaklern im Weg (hat er so nicht gesagt - die Zeilenzwischenräume waren aber gut lesbar).

Dennoch gibt es derzeit große Anstrengungen, ein neues Konzept für das betahaus 2.0 zu erarbeiten - im Miteinander der Kreativen. Wie sich das für einen Coworking Space gehört. Ausschlag zu diesem Artikel hat der Medienlotse gegeben.

betahaus 2.0 Das Konzept betahaus als Raum und Anlaufstelle für die neue Working-Class ist so notwendig, wie nie zuvor. Aus der finanziellen Entwicklung der vergangenen drei Jahre und meiner eignen Nutzungsanalyse ergeben sich für mich 6 Anforderungen, die im Rahmen eines möglichen Versionsupdates berücksichtig werden sollten:

  1. Zielgruppenspezifische Office-Module Ist das bunte Miteinander auf der einen Seite ein Vorteil, wird es spätestens dann zum Problem, wenn man per Telefon Gespräche über vertrauliche Informationen mit Kunden und Geschäftspartner führt. Neben Lösungen für Gruppen sollte das betahaus 2.0 auch die Anforderungen von Einzelpersonen berücksichtigen, die ungestört und ungehört an ihrem Desk schalten und walten wollen.
  2. Stärkerer Netzwerk-Gedanke Suche ich heute nach einem Partner für die Entwicklung von Projekten mit Drupal, werfe ich Twitter oder XING an. Ebenso gut könnte ich mich auf der Webseite des betahaus 2.0 oder am Pinboard vor Ort über anwesende Personen und deren Fach-Schwerpunkte informieren und persönlich Kontakt knüpfen. Sucht jemand einen E-Commerce-Konzepter, wird er mich finden, wenn ich täglich in meinem betaspace arbeite. Nicht jeder geht in einem Raum voller Leute auf Erkundungstour. Hier sollte das betahaus 2.0 eine Lösung zur einfacheren Vernetzung und Repräsentation schaffen.
  3. Integration in die restliche Gesellschaft Beim Projekt „Internetinsel Hamburg“ fand ich schon den Wortbestandteil „insel“ nicht so treffend. Man verbindet das mit Robinson Crusoe und Freitag. Das jetzige betahaus liegt recht versteckt in der Schanze. Man muß es schon kennen, um zu wissen, was es ist. Der Word-of-Mouth-Effekt kommt so nur mäßig zur Geltung. Werfe ich einen Blick nach Berlin, stieß ich dort beim Café-Besuch auf das Angebot, in den Stockwerken über der Kuchenschmiede Office-Plätze mieten zu können. Ein zentraler Standort, der Laufkundschaft in das Haus bringt, sorgt für soziale Reichweite, Verbreitung und Integration der neuen Office-Idee. Zudem kann sich ein zentraler Standort querfinanzierend auswirken (vgl. Punkt “Corporate Identity”).
  4. Qualitätskontrolle Für mich waren die Abendveranstaltungen im betahaus stets eine willkommene Abwechslung. Raus aus meinem Office, unter die Leute, Neues hören. Und das für Umsonst. Leider - und das geht mir bei vielen Abendveranstaltungen in Hamburg so - oft mit geringem Informationsgehalt. Wenn ich an „meinen“ Konferenzen im E-Commerce teilnehme, erwartete mich bei soliden Eintrittsgeldern auch solide Angebote. Echter Mehrwert, lohnende Autoren und eine klare Zielgruppendefinition könnten das betahaus 2.0 zu einem Kompetenzcenter entwickeln. Durch die Monetarisierung schließt sich der Kreis aus Preis & Leistung.
  5. Corporate Identity Jedes dauerhaft im betahaus 2.0 ansässige Unternehmen und jeder Unternehmer sollte prominent und repräsentativ von außen erkennbar sein. Die eigene Unternehmensidentität darf nicht auf der Visitenkarte enden. Nicht nur für Kunden ist ein Schild wichtig, auch auf die in Punkt “Integration” erwähnte Laufkundschaft wirkt die Werbung.
  6. 24/7 No further comment.

Und zu guter Letzt gibt es für den Standort in Hamburg ein fast unlösbares Problem: das Angebot in einem preislichen Rahmen zu halten, der Jungunternehmern die finanziellen Freiheiten lässt, die durch fehlende Unterstützung seitens Banken und Existenzgründungzuschüssen geraubt wurden. Hinterher weiß man immer alles besser - diesen Spruch werden nicht wenige Kritiker des betahauses sagen. Die Herausforderungen eines Unternehmens in einem neuen, dynamischen und ständigen Einflüssen unterworfenem Unternehmenskonstrukt sind selbst für Insider und Beteiligt nicht immer leicht vorhersehbar. Mit dem betahaus 2.0 hat Hamburg mit seinen kreativen Unternehmern die Möglichkeit, aus den gemachten, wertvollen Erfahrungen zu lernen und ein Konstrukt zu erschaffen, welches Zielgruppe, Anforderungen und Zukunft verbindet und damit über die Stadtgrenzen hinweg als Vorbild dient.

Weitere lesenswerte Meinungen zum betahaus und dessen Zukunft finden sich bei den #DMWHH und Carolin Neumann.