“Raus aus der Schockstarre - Zukunftschancen für die Heimtierbranche” - so der martialische Titel, der sicher nicht übertrieben die derzeitige Situation in der doch konservativen Zoofach-Branche beschreibt. Entsprechend gespannt machte ich mich als geladener Referent auf nach Fulda. Gelingt es, in zwei Tagen Entscheider zu einem Umdenken zu bewegen, ihnen Chancen aufzuzeigen, sie auf eine veränderte Handelslandschaft einzustimmen und vor neuen Risiken zu warnen?
Die Teilnehmerliste des diesjährigen Heimtier-Kongresses erweckt für mich jedoch mehr den Eindruck, als sei dies ein Branchentreffen der Lenker und Steuere. Industrie und Konzerne gaben sich ein Stelldichein und nutzten die Plattform zum Erfahrungsaustausch. Diejenigen die durch den strukturellen Wandel am meisten betroffen sind, die kleinen Fachhändler, vermisste man. Jenseits der Teilnehmer boten die Referenten spannende Einblicke in ihre Arbeit und den daraus abgeleiteten Erkenntnissen.
Hier im Kurzdurchlauf die spannendsten Vorträge:
Prof. Dr. Hendrik Schröder vom Lehrstuhl für Marketing und Handel an der Universität Duisburg-Essen eröffnete den Kongress mit einer Abhandlung über die Veränderung der Handelslandschaft online wie offline.
Steve Sagrodnik, Marketingleiter von Royal Canin, präsentierte ein Kundenkommunikations-System, welches den Kunden vor Ort im Fachmarkt leitet und auf die kompetente Präsentation abzielt. Auf Basis der beeindruckenden Zahl, dass ein Kunde ca. 80% der Zeit im Markt mit Suchen verbringt, ist zu erkennen, welch ungenutztes Potential Märkte durch mangelnde Kundenführung verschenken. Kritisch angesprochen wurde im Zusammenhang der Fachkompetenz im Markt die Gehalts-Situation. Kann man von Mitarbeitern Premium-Kompetenz erwarten, wenn man sie auf Discount-Niveau bezahlt? Diese Frage muss sich jeder Geschäftsführer und personalverantwortliche selber stellen.
Kai Österreicher, Geschäftsführer von Wunschfutter, stellte den Konfiguration für individuelle mischbares Hundefutter vor. Mass-Customization ist unstrittiger Trend und bietet dem Handel deutlich höhere Gewinnmargen. Wunschfutter bietet gezielt stationären Fachmärkten individuelle Lösungen im Bereich Branding an, damit diese ihren Kunden den Service anbieten können.
Romald Heuvelmans, Customer Logistics Director bei Mars Petcare, sprach über Logistik als Herausforderung im Handel. Wie werden zukünftige Warenströme logischer koordiniert? Welche Anforderungen sind technisch notwendig und muss es wirklich sein, dass auf deutschen Straßen leere LKWs unterwegs sind?
Ich habe über die Chancen des Zoofachhandels bei der Nutzung des Internets referiert. Meine Charts gibt es hier…
Das hat mich überrascht: Während sich alle einig sind, dass der Handel von der digitalen Entwicklung hart getroffen wurde und dringend nach neuen Wegen suchen muss, um sich gegenüber dem Wettbewerb im Internet behaupten zu können, sehen sich Produzenten und Zwischenhändler nur selten in der Verantwortung, Teil des Umgestaltungsprozesses zu sein. Stichwort: Drop-Shipping - für Hersteller noch immer eine der unliebsamsten Formen des Warenversandes. Während z.B. Amazon sein Geschäft auf diese Logistikform fußt, verweigern noch immer unzählige Hersteller ihren Fachhandelskunden diesen Art der Belieferung. Mit dieser Einstellung lässt der Hersteller den Händler mit sich und dem Wettbewerb alleine. Dass diese Art der “Zusammenarbeit” in Zukunft nicht mehr funktioniert, beweisen Hersteller, die schon heute ihren Kunden maßgeschneiderte Logistik-Konzepte bieten und ihren Partnern damit unschlagbare Vorteile im Wettbewerb bieten. Händler sollten sich daher dringend nach alternativen Herstellern umsehen, die ihre Anforderungen an zeitgemäße Logistik erfüllen.
Darum: Es darf nicht heißen “Der Handel muss sich verändern” - sondern: “Die Branche muss sich verändern”.