So lustig 😁, mich dem Deichkind-Text für diesen Beitrag bedient zu haben, ist dieser Beitrag gar nicht 🥺. Wenn du mich fragst, was wir im Sommer 2023 im Garten gemacht haben, dann lautet die Antwort: fassungslos mit Google Lens Pflanzen bestimmt und rausgerissen zu haben.

Worum geht es?

Kurz gesagt: um Insekten, die nix mehr zu futtern haben 🐝.
Länger gesagt: Wir Hobbygärtner pflanzen gerne Pflanzen in unseren Garten, die wir abfeiern, für Insekten aber sowas wie “Plastikblumen” sind und die unsere Gärten, auch wenn sie optisch hübsch anzusehen sind, für Insekten wertlos machen.

Der Trigger: Dr. Mark Benecke

Aufmerksam wurde ich auf den Vortrag durch Social-Media-Reels, in dem Kriminal-Biologe Dr. Mark Benecke einen Wissenschaftsleugner im Vortrag am 8.5.2023 ordentlich Zunder gab. Im Vortrag “Hitze-, Umwelt- und Klima-Update Mai 2023” im Rathaus der Stadt St. Augustin mit der Hochschule Rhein-Sieg, ging es um das wissenschaftlich festgestellte Insektensterben. Hier kannst du ihn dir ansehen. Benecke rief zu einem Umdenken auf. Er forderte, dass wir mehr für den Schutz von Insekten tun müssen. Wir sollten Lebensräume für Insekten schaffen, den Einsatz von Pestiziden reduzieren und Lichtverschmutzung vermeiden. Pflanzt Blumen und andere Pflanzen, die Insekten Nahrung und Lebensraum bieten. sagte er.

Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN) sind seit 1970 etwa 40 % der Insektenarten ausgestorben oder vom Aussterben bedroht.

Und wir so: geil, wir haben Garten. #aufdieschulterklopfen #läuftbeiuns. Fehlanzeige! Dazu weiter unten mehr.

Und dann schlug der Algorithmus zu

Wie es so ist, wenn sich mit einem Thema beschäftigt: Facebook und Instagram springen an und spühlen dir Zeugs in die Timeline. Manches Zeug war wirklich Gold. Ich empfehle dir robinga_schnoegelroegel mit >100.000 Followern auf Instagram. Er hat mich mit seiner Serie “Pflanzen die ich liebe” bzw. “Pflanzen, die ich hasse” gekriegt. Da bekommst du kurz und in your face gesagt, welche Pflanzen du direkt aus dem Garten rausreißen und welche du noch heute pflanzen solltest. Und ganz schnell hörst du was von invasiven Neophyten. Inva What…?

Exkurs: Das sind Invasive Neophyten

Invasive Neophyten sind gebietsfremde Pflanzenarten, die sich in einem neuen Lebensraum stark ausbreiten und heimische Arten verdrängen. Sie können negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt, die Ökosysteme und die menschliche Gesundheit haben.

Invasive Neophyten können heimische Arten verdrängen, indem sie ihnen Licht, Wasser oder Nährstoffe wegnehmen. Sie können auch Krankheiten und Schädlinge übertragen. In einigen Fällen können invasive Neophyten sogar giftig für Menschen und Tiere sein.

Um invasive Neophyten zu bekämpfen, ist es wichtig, sie frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Es gibt verschiedene Methoden, um invasive Neophyten zu bekämpfen, wie das Abschneiden, das Mähen oder das Ausgraben. In einigen Fällen ist es auch möglich, invasive Neophyten mit biologischen Methoden zu bekämpfen, indem man natürliche Feinde aus ihrem Herkunftsland einführt.

Hier sind einige Beispiele für invasive Neophyten:

  • Sommerflieder (Buddleja)
  • Lebensbaum (Thuja occidentalis)
  • Scheinzypresse (Chaemazyparis)
  • Efeu (Hedera helix)
  • Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus)
  • Robinie (Robinia pseudoacacia)
  • Traubenkirsche (Prunus padus)
  • Gewöhnlicher Schneeball (Viburnum opulus)
  • Roter Hartriegel (Cornus sericea)

Falls du einen Garten hast: ich wette, du hast mindestens eine dieser Dinger da drin zu stehen. Wir übrigens auch 🫣

Und wir so: rausreißen! Alles.

Wie einfach das ist, haben wir gleich selbst ausprobiert: Als erstes haben wir aufgehört, den Rasen zu mähen. Bei uns und bei meinen Eltern. Das Ergebnis war wow: Nach 4 Wochen kamen Hornklee, Braunelle und Wiesenflockenblumen zum Vorschein - alles sehr wertvolle Pflanzen für Wildbienen, Schmetterlinge und Raupen. Und das Beste: Wir mussten sie nicht säen. Sie waren einfach da. Bei meinen Eltern schlängelte sich die Raupe des Schwarzen Bären durch die Büsche und Schachbrettfalter tummelten sich zu Dutzenden auf den Blüten - beide Raupen/Schmetterlinge sind nachgewiesene Besucher dieser äußerst wertvollen Futterpflanzen. Es war wirklich unglaublich: Wir lagen auf der Wiese, die einmal ein gemähter Rasen war, und zählten die verschiedenen Wildbienen, die sich plötzlich in den Gärten tummelten. Plötzlich flatterten Schmetterlinge umher, die wir vorher an keiner Blüte gesehen hatten.

Schachbrettfalter Schachbrettfalter auf einer Wiesenflockenblume

Nun muss man auch wissen, dass Insekten solche “Inseln” brauchen. Bei uns in der Vorstadt sehen viele Gärten so aus: Haus, gepflasterte Einfahrt, englischer Rasen, Lorbeerhecke - das Tal des Todes für Insekten. Und wenn mal etwas blüht, dann meist Sommerflieder & Rhododendron - für Insekten weitgehend uninteressant. Ja, der doch so umschwärmte Sommerflieder hat so geringe Nektarmengen, dass die Insekten ewig daran nuckeln müssen, um einen Minitropfen zu ergattern. Und wir so: awwww #cute. Und die Gärtner so: yeah!!! Und wir so: rausreißen: Nächstes Jahr werden wir unseren Sommerflieder komplett entfernen und durch wertvolle Pflanzen ersetzen.

Sommerflieder Sein letztes Stündlein hat geschlagen: Sommerfliederverbot in unserem Garten

Schon in diesem Jahr pflanzten wir Thymian an, der im Laufe des Sommers Blütenteppiche bildete und einst heiße Cobblestones mit einem feinen Mikroklima ausstattete. Plötzlich tumelten sich diverse Wildbienen und Schlupfwespen bei uns auf der Terrasse.

Thymian, den wir zwischen Cobblestones gesetzt haben

Pflicht-Bookmark: naturadb.de

Eine absolute Empfehlung, wenn es um einen lebenswerten Garten geht naturadb.de - eine Website, auf der man den ökologischen Wert von Pflanzen erkennen kann. Bei der Bestimmung hilft Google Lens sehr gut: Einfach Foto machen, mit Lens bestimmen lassen, in naturadb.de eingeben und staunen. Die Ergebnisse sind wirklich beeindruckend und haben unseren Blick für den Wert der Pflanzen für die Tierwelt geschärft.

Um dir mal ein paar Beispiele zu geben:

Wasserdost Wasserdost

Um hier nicht zu hart in die Botanik abzudriften: Himbeere, Pflaume, Aprikose sind auch super Insektenpflanzen. Unser Favourit ist die Sal-Weide, die ich in befreundeten Baumschulen gar nicht kaufen konnte (“Die Nachfrage danach ist echt gering”). Wie kann denn das sein, wenn man sich diese Eckwerte anschaut: Wildbienen ingesamt: 40 / Schmetterlinge: 30 / Raupen spezialisiert: 35 / Raupenarten: 198. Holy Mother of Himbeergrütze!!!

Noch sehenswert: der Kanal von ReNature. Dort findest du auch sehr gute Empfehlungen, wie sich Gartenabschnitte so gestalten lassen, dass sie für dich als Betrachter genauso wertvoll sind, wie für die Insektenlandschaft. Sobald du dich anfängst, mit diesem Thema zu beschäftigen, finden sich ganz informative Formate und Quellen. Was ich am Überraschendsen fand: es kostet dich weniger Aufwand, einen insektengerechten Garten anzulegen, als einen halbwegs begrünten, der aus “Plastikpflanzen” besteht.

Wir haben in diesem Sommer gelernt, dass eine Gartenplanung sich heute sehr stark am Wert für Insekten orientieren muss. Mit dem Effekt, den wir mit unseren ersten Maßnahmen erzielt haben, haben wir nicht gerechnet. Das zeigt, dass es einfacher ist als gedacht, eine Wohlfühloase für bedrohte Insekten zu schaffen.

Blick in den Sommergarten 2023 Sieht schon noch gut aus, aber landet kontinuierlich alles auf dem Prüfstand. Ich werde hier berichten.


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