Unser diesjähriger Urlaub führte uns nach Rügen in die Ferienanlage Prora. Der Name Prora war uns natürlich ein Begriff. Bereits 2015 waren wir in Binz und besuchten das bedrückende Bauwerk, das sich “ganz hinten am Strand” im Wald versteckt.

Der Koloss von Prora wurde von den Nationalsozialisten in den Jahren 1936 bis 1939 als KdF-Seebad erbaut. Die Anlage sollte als Propagandainstrument dienen und die Stärke des NS-Regimes demonstrieren. Sie besteht aus acht identischen, 1,5 Kilometer langen und 45 Meter hohen Baukörpern, die sich in einer Reihe entlang der Küste erstrecken. Jedes Gebäude hat 20 Stockwerke und bietet Platz für bis zu 20.000 Besucher. Die Gesamtfläche der Anlage beträgt etwa 400.000 Quadratmeter. Die Anlage sollte der Arbeiterschaft des Deutschen Reiches als Urlaubsdomizil dienen. Mit dem Bau wurde 1936 begonnen, die Fertigstellung war für 1940 geplant. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die Bauarbeiten jedoch unterbrochen. Die ursprünglich veranschlagten Baukosten in Höhe von 200 Millionen Reichsmark konnten aufgrund des Kriegsausbruchs nicht vollständig aufgebracht werden. Nach dem Krieg wurde die Anlage von der Sowjetunion und der DDR militärisch genutzt. In den 1990er Jahren wurde das Gelände privatisiert.

Heute wird der Koloss von Prora vielfältig genutzt. Ein Teil der Anlage wird als Jugendherberge genutzt, andere Teile werden für Kongresse, Tagungen und Konzerte vermietet. Außerdem gibt es ein Museum, das sich mit der Geschichte des Ortes beschäftigt. Vor allem aber ist Prora eine riesige Ferienanlage.

Der Koloss von Prora ist ein einzigartiges Bauwerk, das die Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Ein Mahnmal gegen Diktatur und Gewalt, sagen die einen, ein Symbol für Hoffnung und Zukunft die anderen. Nun ja. Die Geschwindigkeit, mit der der Leerstand zum Investitionsobjekt wurde, ist atemberaubend. Wie ein guter Fisch wurde das Objekt damals filetiert:

Gut 4.000 Euro pro Quadratmeter kosten die Wohnungen im Schnitt, Meerblick inklusive. Und das Geschäft läuft gut: 80 Prozent der Wohnungen sind bereits verkauft. Bedenken wegen der historischen Bedeutung des Gebäudes hört Verkaufsleiter Rico Gierke von der Berliner Immobilienfirma Myhome Irisgerd von Kunden nie, erzählt er.

(Quelle: NDR)

In dem vorigen Zitat sieht man, wie geschichtsbewusst die Investoren an das Objekt herangehen. Und genau das hat mich wirklich gestört: Da steht ein strahlend weißes, auf Hochglanz poliertes Gebäude hinter der Düne. Boulevard, Parkplätze, kleine Läden und das Interieur in unserer Wohnung stark von Joop & Konsorten beeinflusst. Die Geschichte ist in meinen Augen völlig ausgelöscht. Die Fragmente, die noch herumstehen, und das Museum schaffen es in meiner ohnehin sensiblen Gefühlslage nicht, das zu erfassen, was es einmal war und sein sollte. Ob es das muss, kann ich nicht entscheiden. Ich finde, manches sollte erhalten bleiben. Diese Abwägung machte es mir schwer, meine Zeit dort als glücklicher Tourist zu verbringen.

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Der Boulevard lädt zum …. ein

Schien zu NS-Zeiten auch in Urlaubsanlagen wichtig gewesen zu sein: das Gefängnis