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Sitze in einer Bushaltestelle

Jeder hat es in der Presse gehört, gelesen und gesehen – die heftigsten Regenfälle in Indien und Pakistan seit 10 Jahren haben Anfang August Überschwemmungen, Erdrutsche und Schlammlawinen ausgelöst, ganze Regionen von der Außenwelt abgeschnitten, Menschen getötet und Existenzen zerstört. Touristen wurden aus Urlaubsregionen ausgeflogen. Die Geschehnisse sind erschütternd und dramatisch, daran gibt es nichts zu rütteln.

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Auch wir waren von den Vorkommnissen in Nordindien betroffen, planten wir doch wenige Tage nach der Katastrophe die Reise in das Gebiet. Aufgrund der Pressemeldungen in indischen Tageszeitungen und den internationalen Nachrichten, die wir via Google-News empfingen, entschieden wir uns, das Gebiet zu meiden (wir berichteten darüber).

Da es uns aber nicht in den Kopf wollte, dass die Region komplett zerstört ist, machten wir uns knapp vier Wochen nach dem Super-Gau gegen alle Ratschläge (indische Tourismusmusbehörde in Neu Delhi: „Wenn Sie mit dem Anblick umgehen können…“, Tour-Veranstalter: „Da gibt es nichts zu sehen“) auf nach Leh, die in einer der am härtesten getroffenen Regionen liegt. Aus medialer Sicht standen uns keine Infos über die „Bereisbarkeit“ zur Verfügung. Vielmehr erhielten wir nach wie vor Infos über Tote, Obdachlose und Spendenaktionen. Einzig Beiträge von Travellern in Reiseforen beurteilten die Situation objektiv.

Fassungslos standen wir vor dem, was uns vor Ort erwartete. Und waren geschockt. In zweierlei Hinsicht.

Zum einen:
sind Leh und die Orte in der von uns bereisten Umgebung des Indus in dramatischem Umfang von den Erdrutschen zerstört. Verschwundene Häuser, weggerissene Mauern, zugeschwemmte Wege, gigantische Sandhaufen zeugen von einer nicht vorstellbaren Gewalt der Erdrutsche. In sofern haben die Medien korrekt berichtet.

Zum anderen:
Der touristische Stadtkern Lehs ist vollständig unberührt. Keine Spuren von Erdrutschen, keine Zerstörung, nichts. Alle Gästehäuser erwarten Gäste, Tour-Anbieter und Shops warten auf Kunden. In sofern haben die Medien in ihrer Berichterstattung über die Lage der Region glatt versagt.

Dumm nur, dass kaum noch Gäste und zahlende Kunden da sind. Die Flieger von und nach Neu Delhi sind nur noch zu 20% ausgelastet, Gästewohnungen stehen leer, Tuch- und Souvenir-Shops berichten über totalen Umsatzausfall. Eine Vielzahl an Geschäften hat bereits die Saison beendet und die Rollläden geschlossen.

Sprachen wir mit Touristen, die den Weg nach Leh doch gefunden haben, hörten wir stets das Gleiche: auf gut Glück sei man her gekommen, zuverlässige Infos über die aktuelle Situation konnte man nirgends finden.

Zuerst haben die Erdrutsche Leh überschwemmt, dann hat die mangelhafte Information der Medien die ausgetrocknet, die vom Flutdesaster nicht betroffen waren.

Wären wir nicht nach Leh gefahren, hätten wir uns eines der (wenn nicht sogar dem) Reise-Highlights der letzten 9 Monate beraubt und die Menschen hier in ihrer Not alleine gelassen. Wie großartig die Menschen und die Region um Leh ist, konntet ihr in unseren Berichten der letzten zweieinhalb Wochen selber herausfinden.

Diese Erlebnisse haben uns gezeigt, dass Medien undifferenziert über diese Katastrophe berichten. Sicher, sie haben zu Spenden und Unterstützung angeregt, andererseits haben sie durch die einseitige Berichterstattung leider zusätzlichen Schaden bei Menschen der Region angerichtet.